Ob es ein Weiterleben nach dem Tod geben könnte, kann durch verstandesmäßige Betrachtungen sicher nicht entschieden werden – höchstens könnte die grundsätzliche Möglichkeit durch folgende Überlegung eine Unterstützung finden: Es ist offensichtlich, dass das Ich-Bewusstsein, das „Ich“ eines Menschen, eine Realität ist. Ebenso offensichtlich ist, dass es immateriell ist: Man kann weder eine räumliche Ausdehnung noch eine genaue Lokalisierung dieses „Ichs“ angeben. Gleichzeitig scheint es nicht vom „Zahn der Zeit“ berührt zu sein: Während sich das Aussehen eines Menschen mit 70 erheblich von seinem Aussehen mit 7 unterscheidet, bleibt das „Ich“ vollkommen unverändert. Seine Existenz scheint unabhängig von der Funktionsfähigkeit seiner „Hülle“, des Körpers, zu sein, auch wenn dieser immer weiter verfällt.
Völlig abwegig ist der Gedanke dann nicht mehr, dass diese Existenz auch dann weiterbesteht, wenn die Hülle schließlich gänzlich aufgehört hat, zu funktionieren. Dieser Fortbestand des „Ichs“, des eigentlichen Wesens des Menschen, der im Rahmen solch einer verstandesmäßigen Betrachtung zunächst nur eine Denkmöglichkeit darstellt, wird zu einer Gewissheit im Rahmen der erstaunlichen Erfahrung, die den Kern des Christseins ausmacht. Es ist dann eine konkrete Erfahrung, dass der Tod seinen Schrecken verloren hat. Er ist nicht das Ende.
Dr. Albrecht Kellner