”Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. (1. Petrus 4,10) 

Gnade (griechisch: ”charis”) und Gabe (griechisch: ”mata”) ist die Bezeichnung für zwei zusammenhängende geistliche und praktische Geschenke Gottes an einzelne Christen und für die Gemeinde. Derlei Gaben sind also nicht zwangsläufig eine Frage von Ausbildung, Position, Ansehen, Einfluss oder bestimmter charakterlicher Eigenschaften (z.B. Durchsetzungsvermögen) sondern ”caris”, also eindeutig Gnade (eine wohlwollende, freiwillige Zuwendung). Gnadengaben werden von Gott durch den Heiligen Geist ausgeteilt nach seinem Willen und zu seinem Zweck. Sie sind kein Selbstzweck, sondern zielgerichtet für den Dienst an der Gemeinde und einzelnen Christen.

Geistliche Fähigkeiten sind auf andere gläubige Menschen anzuwenden und haben genau dort ihren Zielpunkt. Wer das übersieht oder ignoriert, dem fehlt dann auch das Verständnis für ihren Gebrauch. Und zwar in dem Sinne wie gelesen: ”…als die guten Haushalter (Verwalter) der mancherlei Gnade Gottes…” (1. Petrus 4,10). Bei den Korinthern, sorgte so manches Kompetenzgerangel für Verwirrungen und Streit. In 1. Korinther 1, 10-11 schrieb Paulus: ”Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle mit einer Stimme redet und lasst keine Spaltungen unter euch sein, sondern haltet aneinander fest in ‘einem’ Sinn und in ‘einer’ Meinung. Denn es ist mir bekannt geworden über euch, liebe Brüder, durch die Leute der Chloë, dass Streit unter euch ist”.

Ist es tatsächlich immer eine Freude und eine Ehre, wenn man viel von der Bibel und Gott verstanden hat und Christen sich an einem orientieren? Mitunter ganz sicher. Aber nicht immer (siehe Prediger 1,18). Manchmal hat es auch durchaus einen Wert, wenn man nicht in vorderster Front steht und in aller Stille und Demut glauben und lernen kann – so wie Gott es schenkt. Denn es gilt ja auch: Wer mehr hat, von dem wird man auch mehr fordern (siehe Lukas 12,48)

Die Verantwortung ist umso größer, je größere Vorrechte man genießt. Und wohl entsprechend, wie viele und welche Gaben man nach dem Willen Gottes bekommen hat. Vor dem Richterstuhl Christi werden die Christen einmal beurteilt werden, was sie mit ihren Gaben und Möglichkeiten getan haben und was nicht. In 2. Korinther 5,10 steht entsprechend: „Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein jeder empfange nach dem, was er getan hat im Leib, es sei gut oder böse“.

Es wird also Unterschiede im Himmel geben bei den Christen und es wird auch unter den ungläubigen Unterschiede geben.

Aber wie dem auch sei, ohne den Erlöser Jesus Christus und sein Wirken, hat auch ein Christ in gewisser Weise verloren und kann unter Umständen auch nur „wie durch’s Feuer hindurch“ gerettet werden (1. Korinther 3,15). Aber dennoch gerettet. Ein Ungläubiger kann aber im besten Fall nicht ganz so viel leiden wie andere, aber er ist und bleibt dennoch ewig verloren (siehe 1. Petrus 4, 18-19) 

Sicherlich sollten wir unsere Gaben herausfinden, einsetzen und dann auch fördern und darin wachsen. Hierbei brauchen wir auch die Unterstützung anderer in der Gemeinde oder im Freundeskreis – daran mangelt es leider. Mit ”Dienst” ist ganz konkret gemeint, persönlich und in Liebe einem anderen eine Dienstleistung zu erweisen oder zu ermöglichen. Hier gibt es viele Möglichkeiten (Besuche, praktische Hilfen etc). Auch so ein Dienst ist eine Gabe. Gott setzt(e) darüber hinaus folgendes ein: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer, Ermahner mit entsprechenden Kräften, um ihr Amt gut auszuführen. Es gibt Zeichengaben, Offenbarungsgaben, Redegaben und Dienstgaben. Alles zu einem Zweck (siehe Epheser 4, 12-14). Logisch ist, daß wir ohne den Geist Gottes auch keine Gaben haben können (1. Korinther 2,11). Den Geist betreffende Dinge (griechisch: ”Pneumatika”) kann der natürliche Mensch nicht erfassen und verstehen (siehe 1. Korinther 12,1-11).

Eine Gnadengabe ist kein Spielzeug, sondern ein Werkzeug – zum dienen, helfen, erbauen, lehren, weiden und ermahnen. Gott investiert seinen Geist in einen gläubigen, neugeborenen Menschen – das ist sozusagen ein gewisser geistlicher Vermögenswert, für den wir uns dann auch verantwortlich zeigen sollten.

William McDonald schreibt: „»Jeder« Gläubige hat eine »Gnadengabe« vom Herrn »empfangen«, eine besondere Aufgabe, die er als Glied des Leibes zu erfüllen hat (1. Kor 12,4-11;29- 31). Diese Gaben sind uns vom Herrn zur Verwaltung gegeben. Sie sollen nicht für eigensüchtige Zwecke missbraucht werden, sondern zur Ehre Gottes und zum Nutzen unserer Mitmenschen. Wir sind nicht die Empfänger der Gaben Gottes an uns. Die Gnade, die uns erreicht, soll nicht bei uns bleiben. Wir sollen Verteiler werden, durch die der Segen anderen zufließen kann. Wir sollen »gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes« sein. Der Ausdruck »Gnade Gottes« bezieht sich hier auf unverdiente Vorrechte, die Gott dem Menschen anbietet. »Verschiedenartig« bedeutet wörtlich soviel wie »vielfarbig« oder »bunt«. Phillips übersetzt es mit »außerordentlich vielfältig«. Auch wenn ein Mann zum Reden oder Lehren begabt ist, muß er sich sicher sein, daß seine Rede die Worte enthält, die Gott ihm zu dieser bestimmten Gelegenheit zu sagen aufgetragen hat. Das ist mit »Aussprüche Gottes« gemeint. Es reicht nicht aus, einfach aus der Bibel zu predigen. 

Der Prediger sollte sich auch sicher sein, daß er die besondere Botschaft bringt, die Gott für sein Publikum in diesem Augenblick bestimmt hat. Jeder, der irgendeinen Dienst tut, sollte es in dem demütigen Wissen tun, daß »Gott« ihn dazu befähigt. Dann kommt »Gott« die Ehre dafür zu, dem sie auch gebührt. Diener des Herrn dürfen nicht stolz werden, ganz gleich, wie begabt sie für den Dienst des Herrn sind. Sie haben ja die Gabe nicht aus sich selbst erhalten, sondern sie ist ihnen vom Himmel geschenkt worden. Sie haben überhaupt nichts, das sie nicht zuvor empfangen haben. Jeder Dienst sollte so durchgeführt werden, daß Gott dafür gelobt wird. Wie Petrus betont, wird diese Ehre dem Vater »durch Jesus Christus« als Mittler gegeben, weil Gott so viel durch ihn für uns getan hat. Diesem herrlichen Heiland gebührt Ehre und Lob »in alle Ewigkeit. Amen«“.

Es gibt keine Propheten im eigentlichen Sinne mehr, ebenso nicht wie Apostel. Sie legten den Grundstein bis zum Ende des ersten Jahrhunderts. Der Zweck der prophetischen und apostolischen Gaben war somit erfüllt. Es gibt noch immer die prophetische Gabe und Missionare, die einen apostolischen Dienst (das Verkünden) ausüben, aber die Zeit der Propheten und Apostel wie sie in der Bibel auftraten ist vorbei. Unter prophetischem Reden versteht man auch nicht stets Voraussagen für kommende Dinge, sondern einfach die Gabe und das Einfühlungsvermögen (Empathie) in die Lebenssituation von anderen Christen treffend, ermahnend, tröstend und auferbauend hinein zu reden (schreiben).

Um diese Gabe sollen wir uns besonders bemühen und danach streben. In 1. Korinther 14,1 steht: „Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet“!

Hierzu nochmals etwas von William McDonald : „Es stimmt zwar, daß der Heilige Geist die Gaben austeilt, wie es ihm gefällt, doch ist es genauso wahr, dass wir um Gaben bitten können, die von großem Wert für unsere Gemeinde sind. Deshalb ist Paulus der Ansicht, daß die Gabe der Weissagung besonders wünschenswert ist… Wenn jemand…  »weissagt«, so baut er die Gemeinde auf, er ermutigt und tröstet sie. Der Grund dafür ist, dass er in der Sprache der Menschen spricht, und das macht den Unterschied aus. Wenn Paulus sagt, daß der Prophet »zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung« spricht, dann gibt er damit keine Definition. Er sagt einfach, dass sich diese Resultate einstellen werden, wenn die Botschaft in einer Sprache übermittelt wird, die die Menschen sprechen“.

Auch ”Glauben” ist eine Geistesgabe, nicht allein der rettende Glaube, sondern das unerschütterliche Zutrauen, daß Gott in jeder Situation scheinbar Unmögliches immer möglich machen kann und seine Kraft, Gnade und Souveränität in jeder Lebenslage (in der Welt allgemein oder auch bei uns selbst) vorhanden und im Vertrauen greifbar ist.

Jörg Bauer