„Ihr Unverständigen, werdet klug, und ihr Toren, gebraucht den Verstand! Hört, denn ich habe Vortreffliches zu sagen, und meine Lippen öffnen sich für aufrichtige Rede. Denn mein Mund redet Wahrheit, und meine Lippen verabscheuen Gottlosigkeit. Alle Reden meines Mundes sind gerecht, es ist nichts Verkehrtes noch Verdrehtes darin. Den Verständigen sind sie alle klar, und wer Erkenntnis sucht, findet sie richtig. Nehmt meine Unterweisung an und nicht Silber, und Erkenntnis lieber als feines Gold! Ja, Weisheit ist besser als Perlen, und alle Kostbarkeiten sind nicht zu vergleichen mit ihr. Ich, die Weisheit, wohne bei der Klugheit und gewinne die Erkenntnis wohldurchdachter Pläne“.  (Sprüche 8, 5-12)

Was versteht man eigentlich darunter? Diese Bezeichnung wird vor allem von wissenschaftlich denkenden Menschen eher negativ und abwertend interpretiert. Eben aus einem gewissen Stolz und Hochmut heraus, der davon ausgeht, dass „normal sterbliche Menschen“ also Menschen mit überschaubarem geistigen Intellekt, die Dinge der Welt und des Seins und Nichtseins nicht wirklich verstehen und erklären können – im Gegensatz zu den Wissenschaftlern natürlich. Wissenschaft und gesunder Menschenverstand hegen große Vorurteile füreinander, obwohl sie aufeinander angewiesen sind. Wem will man den etwas erklären, wenn es keiner nötig hätte?

Das mag logischerweise nicht grundsätzlich stets verkehrt sein, dass man manches nicht besser wissen dürfte, weil man mehr gelernt hat (schließlich gibt es ja tatsächlich Bildungsunterschiede bei den Menschen), aber in Bezug auf den Glauben an Gott, respektive dem Nichtzweifeln und Dafürhalten, ist einem sein scheinbar überlegener Verstand auf Grundlage menschlicher, wissenschaftlicher Erkenntnisse, eher ein Hindernis als eine Methode zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. Genau genommen beinhaltet der gesunde Menschenverstand drei Aspekte: Erstens die Vorstellung eines „Normalverstands“, eines durchschnittlichen Urteilsvermögens, das keine methodischen Umwege geht und nicht durch Lehrmeinungen oder Vorurteile in seinem Urteil getrübt wird; zweitens ein empirisch arbeitender Verstand (Sinneserfahrungen), der konkrete, anschauliche Urteile, auf Basis alltäglicher (Lebens-)Erfahrung fällt und eher auf praktische Anwendung ausgerichtet ist als auf abstrakte Theorie (also zum Beispiel zu sagen, man glaubt nur, was man sieht); drittens die Vorstellung von einem allgemein von mündigen Menschen geteilten Verständnis der Dinge, das in seinen Urteilen auf die (wirklichen und möglichen) Urteile aller anderen Rücksicht nimmt. Also auf Deutsch, dass man nicht davon ausgeht selbst immer alles zu wissen, zu verstehen, zu erkennen und unwiderruflich behaupten zu können.

Andere Menschen mögen einen selbst in mancherlei Weise übertreffen und es tatsächlich besser wissen. Das abzulehnen, wäre eher ein ungesunder Menschenverstand und selbstherrliche Arroganz. Der gesunde Menschenverstand bezeichnet generell nicht nur eine Form von Verstand, sondern auch dessen Urteile. Paulus legt den Gläubigen in Kolosser 2, 2-3 ans Herz, dass sie motiviert bleiben sollen…“…damit ihre Herzen ermutigt werden, in Liebe zusammengeschlossen und mit völliger Gewissheit im Verständnis bereichert werden, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, des Vaters, und des Christus, in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind“.

Eine genaue Definition eines gesunden Menschenverstandes ist schwierig und geht auch stark auf philosophisches Gedankengut ein. Vor diesen weltlichen, philosophischen, weltanschaulichen und Zeitgeist bestimmten Urteilen warnt der Apostel Paulus die Gemeinde, an die er schrieb. In Kolosser 2, 4-8 steht: „Das sage ich aber, damit euch nicht irgendjemand durch Überredungskünste zu Trugschlüssen verleitet. Denn wenn ich auch leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und sehe mit Freuden eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus. Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt auch in ihm, gewurzelt und auf erbaut in ihm und gefestigt im Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, und seid darin überfließend mit Danksagung. Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß“.

Der Begriff „gesunder Menschenverstand“ enthält viele fundamentale Widersprüche: Er bezeichnet sowohl eine Fähigkeit als auch ein Wissen, fungiert als Wahrheitssinn, ist aber auch leicht fehlbar, gilt mal als kritisch, mal als konservativ, stellt ein wichtiges Vorverständnis dar, neigt aber auch zum Vorurteil. Ein Gewinn ist sein Gebrauch vor allem dort, wo er sich auskennt. Das erleben wir ja alle mehr oder weniger genau so wie beschrieben. Wenn wir als Christen sagen, wir sind vernünftig und glauben deshalb an Gott, ist das für andere genau das krasse Gegenteil von Vernunft. Die Bibel sagt unmissverständlich, dass es klug ist nach Gott zu fragen.

David schrieb in Psalm 14,2: „Der HERR schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, um zu sehen, ob es einem Verständigen gibt, einen, der nach Gott fragt“. Leider kommt er im gleichen Gedanken zur Erkenntnis, dass keiner nach Gott fragt und alle verdorben und abgewichen sind und der Mensch das Gute meidet. Daraus könnte man schlussfolgern, dass man noch so intelligent, ausgebildet, erfahren und geistlich gesund sein kann, und dennoch vor Gott nur wie ein Dummkopf und Einfaltspinsel erscheinen kann. Genau dann, wenn man die Existenz Gottes den Fabeln und Märchen zuschiebt.

Nicht dass Intelligenz und Ausbildung überflüssig wären oder gar ein Hindernis, um zum Glauben zu kommen und man eher einfältig und schlicht sein muss, um gläubig zu werden. Das gewiss nicht, auch wenn manche Ungläubigen das so gerne annehmen möchten gegenüber den Christen. Ein Mose, David, Salomo, Lukas, Johannes oder Paulus etc. waren alles andere als einfältig. Glaube lebt von geistlicher Wahrheit und der Person Jesus Christus. In Hosea 14,10 steht: „Wer ist so weise, dass er das einsehe, und so klug, dass er das verstehe? Denn die Wege des HERRN sind richtig, und die Gerechten wandeln darauf; aber die Übertreter kommen auf ihnen zu Fall“.

Es ist der Weisheit Gottes geschuldet in jeder Art und Weise, dass es das Evangelium gibt, dass es Christen gibt, dass es Propheten und Apostel gab und dass man durch den Glauben an Jesus Christus selig wird und Vergebung seiner Sünden findet – und dies auch heute immer noch möglich ist. Ebenso, dass wir das Wort Gottes in der Bibel in den Händen halten können – auch das ist Weisheit Gottes. Und auch dass es dich gibt, der du ein Kind Gottes bist, ist ein von Ewigkeit erdachter und lebendig gewordener Ausdruck der liebenden Weisheit des allmächtigen Gottes.

Jörg Bauer